„Die Gesellschaft hat ein neues Betriebssystem“ – Karl-Rudolf Korte im ZDF Spezial

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte im ZDF Spezial

Befinden sich die deutschen Volksparteien in einer Krise? Dieser Frage widmet sich das ZDF Spezial nach der Wahl zum Europäischen Parlament. Auch im Blick: die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen.

Das voraussichtlich starke Ergebnis der Alternative für Deutschland bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sei vor allem auch ein Abbild der Bundestagswahlen 2017 und befindet sich somit innerhalb eines erwarteten Rahmens. In den östlichen Bundesländern lassen sich deutlich weniger starke Parteienbindungen finden, die auf einer traditionell gewachsenen Identifikation mit eben jener Partei beruhen. Die Wähler im Osten sind moderner, sie lassen sich in hoher Frequenz neu binden, was, so Professor Dr. Korte, ein demokratischer Ausdruck sei.

Die sich derzeit abzeichnenden Veränderungen in der Machtverteilung in der deutschen Parteienlandschaft, sowie der Paradigmenwechsel in der Art Politik und Demokratie zu begreifen und zu leben sind so tiefgreifend, dass von einem „neuen Betriebssystem“ der Gesellschaft gesprochen werden kann. Das politische Angebot wird momentan neu sortiert, der Nachfrage angepasst. Eine neue Dynamik der politischen Interaktionen entsteht, in der sich bewegungsdemokratische Politikstile und digitaler Protest weitreichend in politischen Agenden manifestiert.

Die Sozialdemokraten und die Union hätten sich für die Wahl zum Europäischen Parlament bessere Ergebnisse erhofft, um der Großen Koalition in Berlin Stabilität durch Legitimität zu gewähren. Da dies misslungen ist befinden sich CDU und SPD derzeit in einem „Stillhalteabkommen über ein Minenfeld“. Der Ausweg aus dieser angespannten Situation liege, so der Politologe, in dem Verhandeln und Durchführen neuer Gestaltungsideen. Die Große Koalition sei noch in der Lage mit gemeinsamen Zielen Zukunft zu gestalten, genau dies muss sie auch, um den Abwärtstrend ihrer Popularität aufzufangen.
Insgesamt zeigt das Wahlergebnis eine neue Leidenschaft der Gesellschaft sich für gewisse politische Ziele einzusetzen. Trotz des Erstarkens des rechten Rands zeigt sich bei verhältnismäßig hoher Wahlbeteiligung, dass die politischen Mehrheiten in der pro-europäischen Mitte liegen, die die Zukunft Europas in einer Vertiefungsperspektive sehen.

Das vollständige Interview mit Professor Karl-Rudolf Korte im ZDF Spezial finden Sie hier ab Minute 42:30.

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