Ein Jahr nach der Wahl: Verstehen die Bürger diese Regierung noch?

Karl-Rudolf Korte bei Hart aber Fair

Prof. Karl-Rudolf Korte diskutiert bei Hart aber Fair mit Jörg Meuthen, Sarah Wagenknecht, Stephan Mayer und dem Berliner Oberbürgermeister Michael Müller. Die Sitzordnung ist klar: Rechts die Vertreter der Oppositionsparteien Wagenknecht (LINKE) und Meuthen (AfD), links die Vertreter der Regierungsparteien und in der Mitte der „Repräsentant der Wissenschaft“ Karl-Rudolf Korte.
Wider Erwarten spiegelt sich die Sitzordnung nur bedingt im Diskussionsverlauf.
Die Vertreter der Regierungsparteien sind vorrangig damit beschäftigt die Gewinne der Regierung der eigenen Partei und die Verluste der jeweils anderen Partei zuzuschieben. Von Einheit keine Spur.

Immer wieder erinnern sich Müller, Meyer und Wagenknecht gegenseitig daran, dass die Demokraten in dieser Zeit zusammenstehen müssen, doch die eigene Profilierung bleibt im Vordergrund. Gewinner, so scheint es, ist hierbei die AfD. Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Karl-Rudolf Korte ist der derzeitige Erfolg der AfD vor allem durch eine zunehmende Polarisierung zwischen dem Wunsch nach einer offenen und einer Abschottungspolitik zu erklären. Es besteht eine Nachfrage nach politischen Zielsetzungen, die die Parteien der Mitte derzeit nicht bedienen können oder wollen- das stärkt die AfD. Hinzu kommt die Funktion der AfD als Protestpartei. Protestwähler, deren vorrangiges Ziel es ist ihren Unmut über die Politik zu äußern, finden sich in der AfD wieder. Nicht, weil das Programm der Partei sich in ihrem Weltbild wiederspiegelt, sondern, weil ein „Frustventil“ gesucht wird. Durch „riskantes Denken“ und „neues Personal“ aber können die etablierten Parteien diesen Trend entgegenwirken, so der Politikwissenschaftler.
Die Kanzlerin habe ihren Zenit der Macht überschritten, so Korte weiter. Der „Realitätsverlust“ der Kanzlerin in Bezug auf den Umgang mit der Causa Maaßen zeige dies eindeutig. Es sei zudem wichtig sich dessen bewusst zu sein, dass die Deutschen die Große Koalition nicht gewählt haben.
Das Projekt der Sammlungsbewegung von Frau Wagenknecht bewertet Korte als interessant mit offenem Ausgang. Die Deutschen seien zwar von ihrer politischen Kultur „parteiorientiert“, trotzdem hält er es für möglich, dass die Bewegung außerparlamentarisch Anstöße für eine Veränderung geben kann und vielleicht zu einer Gründung einer neuen Partei führen könnte.
In Bezug auf die Rentenfrage und die Konzepte, vorgelegt von AfD und LINKE, spricht Herr Prof. Korte von einem Sicherheitsbedürfnis der alternden deutschen Gesellschaft. Wenn es abzuwägen gelte zwischen sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit in Bezug auf die Rente, wählen die „strukturkonservativen“ Deutschen die Sicherheit. Doch herrscht trotzdem, und dabei seien sich alle einig, eine gefühlte Ungleichheit, welche, wenn die Demokratie der Mitte in Deutschland überleben soll, behoben werden muss. Dafür bräuchte es, gerade wegen der sich immer stärker polarisierenden Kräfte, nach Korte einen Paradigmenwechsel im Führungsstil. „Lauter, reformorientiert und leidenschaftlicher“ dürfe er sein. Doch die Deutschen wählen in diesen „postheroischen“ Zeiten nach Schröder keine „Changemanager“ wie in anderen Staaten Europas, sondern sind bei der Wahl am „Amtsadel orientiert, mit dem Charme von Büroleitern“.
Abschließend fragt Moderator Frank Plasberg, ob von heute in einem Jahr die Große Koalition noch bestehen werde, was die Vertreter der Regierungsparteien, sowie Prof. Korte bejahen und die Vertreter der Oppositionsparteien verneinen.

Die ganze Diskussionsrunde finden Sie hier.

Teile diesen Inhalt: